Sachliche Debatte statt Fahrverbote

Unser Kreisvorsitzender zu Fahrverboten.

Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

Klimawandel, Erderwärmung, Meeresspiegel-anstieg – hier hat der Diesel-Motor einen klaren Vorteil mit einer bessere CO²-Bilanz als jeder andere Verbrennungsmotor. In der aktuellen Diskussion spielt das aber keine Rolle. Auch die Feinstaubbelastung durch Dieselmotoren ist kein Thema mehr. Durch den Einbau von Partikelfiltern konnte dieses Problem wirksam gelöst werden.

Jetzt also die Diskussion um Stickoxide und die Überschreitung von NOx-Grenzwerten an vielbefahrenen Straßen.

Wenn man dazu recherchiert, stößt man auf unterschiedliche Aussagen: Der Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter wird als willkürlich Festsetzung kritisiert - von anderer Seite aber immer noch als viel zu hoch angesehen. Welche Sichtweise davon die Zutreffende ist, vermag ich nicht zu beurteilen. An Industriearbeitsplätzen ist jedoch mit 950 µg/m³ für mehrere Arbeitsstunden am Tag ein um das 24-fache höherer Wert zulässig. Selbst für Büroräume ist mit 60 µg/m³ eine höhere Belastung erlaubt als auf dem Fußweg am Theodor-Heuß-Ring.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie sich diese Zahlen - 40, 60, 950 – vor Augen führen und gewisse Zweifel bekommen, dann muss ich offen sagen, mir geht es ähnlich!

Aber natürlich müssen Grenzwerte, die einmal festgelegt worden sind, auch eingehalten werden und selbstverständlich besitzt die Gesundheit der Anwohner eine hohe Priorität. Ich will mir gleichwohl den Hinweis erlauben, dass sich der Sachverhalt auf Basis der EU-Richtline von 2008 zur Luftqualität etwas differenzierter darstellt:

Der EU-Grenzwert von 40 µg/m³ bezieht sich auf Messstationen mit 10 Meter Abstand vom Straßenrand, bei denen der Luftstrom im Umkreis von mindestens 270 Grad nicht beeinträchtigt werden darf. Der EU-Grenzwert gilt also gerade nicht für Straßen in engen Häuserschluchten. Das Aufstellen der Messstation im Theodor-Heuss-Ring wird erst durch die Bestimmungen der deutschen Immissionsschutzverordnung möglich, die lediglich einen Freiraum von 180 Grad fordert und damit auch das Aufstellen unmittelbar an Gebäudefronten zulässt. Kein Wunder also, dass unter diesen einseitig verschärften deutschen Bedingungen anschließend die europäischen Grenzwerte übertroffen werden.

Wie dramatisch ist nun aber die Entwicklung der Stickoxid Belastung?

Insgesamt hat die NOx-Belastung in den letzten 16 Jahren stetig abgenommen. So steht es im Hintergrundbericht zur Luftqualität 2016 des Umwelt-Bundesamtes. Auch am Theodor-Heuss-Ring ist der Jahresmittelwert von 65 µg/m³ im Jahr 2016 auf 56 µg/m³ im Jahr 2017 gesunken. Mit dem allmählichen Ersatz älterer Diesel-Pkw durch solche, die die Euro-6-Norm erfüllen, wird sich das Problem der Stickoxid-Belastung immer weiter reduzieren.

Dennoch diskutieren wir jetzt über Diesel-Fahrverbote – ausgelöst durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2018, wonach Kommunen eigenständig über Fahrverbote entscheiden können. Die zweite Aussage des Urteils, die dafür eine Verhältnismäßigkeit verlangt, fällt dabei leicht unter den Tisch, geschweige denn dass das Urteil überhaupt schon schriftlich vorliegt. Aber genau auf diese Frage kommt es entscheidend an: Ausschlaggebend ist nicht die rechtliche Möglichkeit Fahrverbote zu verhängen, sondern Fahrverbote sind überhaupt nur dann zulässig, wenn diese verhältnismäßig sind.

Meine Damen und Herren, ich würde deshalb sehr zu einer Versachlichung der Debatte raten. Panikmache mit drohenden Fahrverboten ist an dieser Stelle völlig unangebracht!

Zur weiteren Reduzierung der Stickoxid-Belastung gibt es intelligentere Lösungen als das Verhängen von Fahrverboten, zumal eine Kontrolle solcher Fahrverbote überhaupt nicht praktikabel ist.

Was können wir also tun?

Ältere Diesel-Pkw müssen nachgerüstet werden. Ich fordere deshalb von den Fahrzeugherstellen die kostenfeie Nachrüstung eines jeden PkWs, der die zugesagten Produkteigenschaften nicht erfüllt. Bei der Kieler Verkehrsgesellschaft könnte der Busverkehr noch schneller als geplant auf Elektro-Fahrzeuge umgestellt werden. Fördermittel stehen dafür auf Bundesebene zur Verfügung. Beim Seehafen Kiel sollte der Zoll die an- und abfahrenden Lkw verstärkt auf manipulierte AdBlue-Systeme hin kontrollieren, denn nach einer Studie der Universität Heidelberg fahren 20% der osteuropäischen LKW mit extrem auffälligen Abgaswerten. Wir müssen bei Fähren und Kreuzfahrern endlich für einen Landstromanschluss und dessen Nutzung sorgen – so, wie es unser Ministerpräsident in den Berliner Koalitionsvertrag hineinverhandelt hat. Mit der Schaffung digitaler Verkehrsleitsysteme und dem Ausbau der Ladesäulen-Infrastruktur für emissionsfreie Mobilität liegen weitere Vorschläge auf dem Tisch.

Mit diesen Maßnahmen kann angepackt werden, um eine echte Schadstoffreduzierung zu erreichen. Und genau das sind auch die Maßnahmen, die jeder Diesel-Fahrer zu Recht einfordern würde, bevor ihm bestimmte Straßen versperrt bleiben.

Was wir jetzt also brauchen ist eine Politik mit Augenmaß, die kluge und angemessene Entscheidungen trifft. Genau dafür steht Jamaika in Schleswig-Holstein!